Wenn du Pläne machst kommt erstens alles anders und zweitens als man denkt. Ja, wir sind Planer und überlegen uns meistens im Vorfeld unserer Reisen was wir vor Ort sehen wollen. Das steigert die Vorfreude und erspart vor Ort viel Zeit für die Suche nach Zielen. Und es klappt auch meistens. Außer an Tag 3 unseres großen Roadtrips durch die USA und Kanada an dem wir im Olympic Nationalpark einfach mal eines besseren belehrt wurden.
Morgens mit guter Laune in Seattle gestartet kam schon recht bald Ernüchterung auf. Auf unsere Fähre von Edmonds nach Kingston durften wir geschlagene 90 Minuten warten. Wir haben uns vorher keine Gedanken um eine mögliche Reservierung oder gar die Fahrzeiten gemacht. Okay, dafür haben wir ja Oreo-Kekse und Reiseführer an Bord. So geht die Zeit schon rum.

Eine normale amerikanische Verkehrskontrolle
Nach einer kurzen Mittagspause (ja, es war schon Mittag bevor wir auch nur auf der Halbinsel angekommen sind) kam gleich der nächste Jubel-Moment: Stau. Erst 30 Minuten. Dann 1 Stunde. Am Ende waren es 3 Stunden, die wir uns über eine Strecke von vielleicht 15 Kilometern bis Port Angeles gequält haben. Und die Lust auf Oreo-Kekse ist uns inzwischen auch vergangen. Schuld war eine Schießerei auf offener Straße bei einer Verkehrskontrolle und der anschließenden Beweisaufnahme. Dank einer Umleitung über den Hinterhof einer alten Tankstelle dauerte es hier einfach mal etwas länger. Und hier gibt es nun mal nur diese eine Straße, die um die Halbinsel herum führt.
Inzwischen war es Nachmittag und bis zu unserem Ziel am Lake Quinault waren es noch 200 Kilometer und rund 2,5 Stunden zu fahren. Wir haben uns heute also gegen den geplanten Abstecher zur Hurricane Ridge entschieden. Diese sehr schöne Passstraße belohnt mit einem Panoramablick auf schneebedeckte Berge – eines der Highlights im Olympic Nationalpark. Wer also etwas mehr Glück oder Zeit hat sollte diese knapp 30 Kilometer unbedingt auf sich nehmen.
Wo Regenwald ist, ist auch der Regen nicht weit
Dicke Wolken zogen auf, dann regnete es – und hörte auch bis zum Abend nicht mehr auf. Gegen 19 Uhr waren wir schließlich am Lake Quinault im Südwesten der Olympic Halbinsel angekommen. Von der Halbinsel, der Natur oder irgendwelchen Aussichtspunkten haben wir heute nichts gesehen. Auch der See interessierte uns heute nicht mehr. Stattdessen freuten wir uns über ein leckeres Abendessen – immerhin etwas heute.
Die Lake Quinault Lodge ist eine angenehme Überraschung. Staatliche Unterkünfte in Nationalparks sind meistens teuer aber halten nicht das, was sie versprechen. Die Zimmer sind zwar recht klein, aber die gesamte Anlage überzeugt. Lage top, Aussicht wunderbar und vor dem gemütlichen großen Kamin in der Lobby vergeht auch der heutige Reisefrust.
Neuer Tag, neues Glück
Schon vor dem Frühstück ging es für uns hinunter zum Lake Quinault. Die aufgehende Sonne hat Minute um Minute die tiefhängenden Wolken verdrängt. Der See lag vollkommen still vor uns, am Hotel flatterten ein paar Kolibris und der Morgentau lag noch auf dem Rasen. Kühle Luft wehte uns um die Nase, aber der Regen war verzogen. Zum Glück!
Nach dem Frühstück (à la carte und von super Qualität) machten wir uns direkt gegenüber vom Hotel auf den Weg zum kleinen Nature Trail. Ein Naturlehrpfad, der auf gut einem Kilometer durch den Wald führt. Wirklich dichter Regenwald ist es hier noch nicht, aber es gibt einen Vorgeschmack auf das was uns heute noch erwarten wird. Rund um den Lake Quinault kann man ganz entspannt einen kompletten Tag verbringen. Noch mehr Wandermöglichkeiten finden sich zum Beispiel hier.
Ruby’s Beach und die wilde Küste im Olympic
Über die Straße 101 geht es rund 70 Kilometer zurück Richtung Norden bis zu Ruby’s Beach. Vom Parkplatz aus führt ein schmaler Pfad hinunter zum Strand. Hier ist erst einmal Klettern angesagt, denn über hunderte Baumstämme führt der Weg weiter zum Strand. Rechts von uns liegen markante hohe Felsen, links erstreckt sich bis zum Horizont die Küste. Wir bleiben nicht lange hier – denn unser Ziel für heute lautet immerhin Vancouver.
Auf in den Hoh Rainforest
Der eigentliche Grund für unseren Abstecher in den Olympic Nationalpark ist der Hoh Rainforest. Wie immer im Olympic ist die Anreise dorthin nicht gerade leicht. Etwa 50 Kilometer führt die Straße von der 101 nach rechts in den Wald hinein. Nach dem Parkeingangshäuschen – übrigens dem ersten, das wir im Park überhaupt passiert haben – folgt kurze Zeit später der Parkplatz. Von hier aus führen mehrere Wege durch den Regenwald. Am schönsten ist sicherlich der Hall of Mosses Trail. Für den Anblick der sattgrün mit Moos überwucherten Bäume haben sich alle Strapazen gelohnt.
Was ihr aus unseren Fehlern lernen könnt
Plant unbedingt zwei Tage im Nationalpark ein. So könnt ihr bequem anreisen und euch schon ein Highlight anschauen. Am zweiten Tag bleibt dann noch Zeit für Wanderungen und weitere Besichtigungen. Direkt vom Park aus weiter bis nach Vancouver zu fahren ließ sich bei uns nicht vermeiden (Urlaubstage sind endlich), aber es bringt euch unnötigen Stress. Es gibt zwar nicht endlose Attraktionen im Park, aber große Entfernungen und nur eine Straße, die einmal außen um die Halbinsel herum führt.
Guckt euch unbedingt die drei Highlights des Parks an: Schneebedeckte Gipfel an der Hurricane Ridge, die wilde Küste rund um Ruby’s Beach und den Regenwald im Hoh Rainforest.
Habt ein Auge auf die Fährverbindungen. Auch auf der Rückfahrt ist hier nämlich etwas schief gelaufen. Wir haben die Fähre um knapp 10 Minuten verpasst. Am späten Nachmittag fährt statt zwei auch nur noch eine Fähre von Port Townsend nach Coupeville. Das hat auch hier inklusive Überfahrt eine Wartezeit von 2 Stunden bedeutet.
Auch wenn hier sicherlich ein klein wenig reichlich Reisefrust herauszulesen ist: Der Olympic Nationalpark ist ein wirkliches Highlight und eine echte Empfehlung von uns. Hier bekommt ihr auf kleinem Raum sowohl hohe Berge, als auch einmaligen Regenwald und eine abenteuerliche Küste geboten. Habt ihr den Park schon einmal besucht? Dann freuen wir uns über eure Eindrücke!